Prof. Dr. med. Dietrich Tönnis

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Sirenoide Fehlbildung – Wie behandeln?

© Prof. Dr. med. Dietrich Tönnis

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Abb. 1

In unserer Klinik wurde 1970 ein 17 Monate altes Kind vorgestellt, das in Bild 1 auf dem Bauch liegt. Es handelte sich bei ihm um eine Anormogenese des kaudalen Körperendes, die aus der Rumpf-Schwanz-Knospe hervorgeht. Wir ordnen dieses Bild der Reihe der sirenoiden Fehlbildungen zu. Bei den reinen Sirenen haben wir einen bilateralen Defekt des unteren Körperendes. Hier war ein halbseitiger Defekt vorhanden mit Fehlen der rechten Niere und des rechten Hodens, Hypospadia penis und Analatresie. Nach Anlage eines Anus praeter erhob sich die Frage einer orthopädischen Versorung.




(Abb. 2a)


(Abb. 2b)

Röntgenologisch fand sich ein rechtsbetonter Kreuzbeindefekt mit Spina bifida im unteren Lendenwirbelbereich und Meningomyelocele (Bild 2a, 2b).

Unter- und Oberschenkel rechts lagen nebeneinander und waren durch eine Weichteilbrücke verbunden. Die Ferse des vierstrahligen Fußes war mit der Dammgegend verwachsen.




Abb. 3

In Abb. 3 liegt das Kind auf dem Rücken. Im rechten Hüftgelenk bestand eine Beuge - und Abduktionskontraktur.

Bei neurologischer Untersuchung fehlte die Sensibilität ab L 1 rechts. Die Muskulatur war nur im Bereich der Adduktoren elektrisch erregbar.

Welche Behandlung würden Sie vorschlagen?




(Abb. 4)

Eine Artheriographie rechts ließ erkennen, dass die A. iliaca interna zur Ferse zog und die A. profunda femoris über die Weichteilbrücke in die dorsalen Fußteile (Bild 4).




(Abb. 5)

Die A. poplitea gab nur noch kleine Äste ab, keine Unterschenkel-gefäße (Bild 5). Aufgrund dieses Befundes und des Fehlens von Muskulatur war eine Mobilisation des Unterschenkels nicht sinnvoll. Es wurde eine Amputation im Kniegelenk durchgeführt. Die Unterschenkel- und Fußknochen wurden von einem Längsschnitt entnommen, wobei die Weichteile für einen guten Stumpf sorgfältig erhalten wurden.




(Abb. 6)


(Abb. 7)


(Abb. 8)


Die Beugekontraktur ließ sich durch Spinamuskelablösung bessern (Bild 6). Bei der Apparatversorung (Bild 6 u. 7) musste das Hüftgelenk festgestellt werden, da ihm die Muskulatur fehlte. Der Junge erlernte aber das Laufen. Er wurde später Industriekaufmann mit Schreibtischtätigkeit. Zu Hause legte er allmählich die Prothese ab und lief mit Gehstützen. Noch später lief er nur noch an Gehstützen. Ein solches Bild ist heute nicht mehr ungewöhnlich. Probleme hatte er nur noch mit dem Urogenitaltrakt.


Literatur

  1. Anton W, Stanulla H, Riefenstahl M. The problem of sirenoid malformation. Zentralbl Gynäkol 1976;98 (22):1394-400
  2. Carstens C, Marquardt E. Die operative Therapie schwerer Kniebeuge- und Hüftbeugekontrakturen beim kaudalen Regressionssyndrom. Z Orthop 1988;126 (6) 625-8
  3. Guidera KJ, Raney E, Ogden JA, Highhouse M, Habal M. Caudal regression: A review of seven cases, including the mermaid syndrome. J Pediatr Orthop 1991;11(6):743-7

 

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