Prof. Dr. med. Dietrich Tönnis

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Ergebnisse uni- und bikondylärer Schlittenprothesenversorgung bei Minimalresektion der Tibiakopfoberfläche und in Abhängigkeit von verschiedenen Faktoren

© Prof. Dr. med. Dietrich Tönnis, K. J. Gerstmann, Dr. A. Heinecke - Die Untersuchungen wurden in der Orthopädischen Klinik des Klinikums Dortmund durchgeführt

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Zusammenfassung

Einführung

Schlittenprothesen erhalten das Kniegelenk mit allen Bändern und seiner Propriozeption am weitgehensten. Die Patellalauffläche wird auch nicht verändert. Wir resezierten auch die subchondrale Knochendecke des Tibiakopfes nur minimal durch Verwendung niedrigerer Polyäthylenplateaus.

Krankengut

Von 424 Arthroplastiken konnten 359 (85%) nach 1-11 Jahren nachuntersucht werden, 227 mediale, 32 laterale und 100 bikondyläre Schlittenprothesen, 315 des Typs Tönnis, 39 nach Marmor, 5 kombiniert. Das Kunststoffplateau wies einen Verstärkungsriegel an der Unterseite auf, der in einer Knochenrinne einzementiert wurde. Die Rückseite der Femurkondyle wurde für freiere Beugung verkürzt. Unser Schlitten passte sich dem an. Bei bikondylärer Versorgung wurde die tuberositas tibiae für mehr Überblick abgesägt und wieder refixiert, bei lateralisierter Patella auch nach medial versetzt.

Ergebnisse

Eine Überlebenskurve, die Plateauwechsel einschloss, sank bis zum 11. Jahr auf etwas unter 90% ab, bei Übergang auf Totalprothesen blieb sie etwas über 90%. Wechseloperationen mit Neuzementierung betrafen die ersten 3-4 Jahre. Bei Patienten mit Rheumatismus und agressiver Synovitis lockerten sich 31,3% der Implantate, bei Marmorprothesen 14,6%, die eigenen Prothesen in 6,3%. 37,9% der Gelenke wiesen keinen Schmerz mehr auf, 37,6% leichte, 13,1% Anlaufschmerz, 11,4% starken.

Die bikondyläre Versorgung führte mit 42,9% noch etwas häufiger zur Schmerzfreiheit als die unikondyläre. Die Nachoperationsrate war bei den lateralen Schlitten mit 9,4% die geringste. Die bikondylären unterschritten die medialen mit 20,4% noch um 2%. Der Achsenausgleich erfolgte durch Plateaus in 1 mm Stufen, sodass wir medial bis an die Grenze der Seitenbandspannung gehen konnten. Lateral gab es keine Probleme. Es wurde fast immer der Normwert von 6° Valgus erreicht, auch bei bikondylären Schlitten weitgehend. Bei den medialen Prothesen war die Gruppe von nur 1° Valgus noch etwas häufiger besetzt. Zu Lockerungen und Nachoperationen kam es ab 7° Varusabweichung von 6° Valgus Normalwert. Die Untersuchung der Lockerungsrate in Abhängigkeit von der Plateauhöhe ergab, dass nur bei 4 mm (24%) und bei 11-17mm Plateaus (28%) eine Erhöhung vorhanden war. Bei 3, 7 und 8-9 mm kam es nur bei 12-16% zur Nachoperation, was im Durchschnitt lag.

Folgerungen

Die minimal resezierende Technik am Tibiakopf hat sich bewährt. Unikondyläre Schlittenprothesen eignen sich nicht nur für die mediale Implantation, sondern mit mehr Erfolg sogar noch für die laterale und bikondyläre Versorgung.

 

Einführung

Schlittenprothesen des Kniegelenkes wurden schon früh neben den ersten Totalprothesen eingeführt (Engelbrecht 1971, Marmor 1973). Das Polyäthylen hatte aber noch nicht die heutige Qualität. Auch die Sterilisierung mit gamma Strahlen und längere Lagerung verursachten Schäden. Lockerungen traten auf und Probleme der Lernkurve. Lindstrand et al.(19) fanden schon nach 2 Jahren für die PCA Prothese 15% Nachoperationen, für die Marmor und St. Georg-Prothese nur 5-7 %. Ähnlich äußerten sich Blunn et al (3). In der Endoklinik (24) ging die Verwendung der Schlittenprothese auf 30% zurück gegenüber dem Totalknie mit Rotationsmöglichkeit (60%) und einer Achsprothese (11%). Erst seit Anfang der Neunziger Jahre wird die Schlittenprothese allgemein wieder mehr verwandt und mit besseren Ergebnissen, aber vorwiegend nur medial, weniger lateral und fast gar nicht bicondylär.

Wir haben von Anfang an einen etwas anderen Weg beschritten und kamen zu beachtlichen Ergebnissen. Wir führten zuerst die Marmorprothese ein, gingen aber nach wenigen Operationen schon davon ab, sie als Inlet auf eine Spongiosaoberfläche zu zementieren, sondern sägten nur die Kortikalis des Tibiakopfes planierend so dünn wie es ging ab.

Durch die Firma Link, Hamburg, ließen wir uns eine Schlittenprothese (Abb. 2) von geringerer Höhe der Schlittenkufe und des Polyäthylenplateus von 4 mm ab im 1 mm Abstand herstellen, ab 10 mm auch in größerer Abstufung.

Damit konnte der Achsenausgleich bis an die Grenze der Seitenbandspannung ausgeglichen werden (Tönnis 1979). Das Kunststoffplateau erhielt zusätzlich einen unterstützenden Längsbalken (Abb.3), der in einer schmalen Rinne im Tibiaplateau einzementiert wurde. Später verkleinerten wir ihn etwas und setzten ihn in die Mitte des Plateaus.

Ferner fügten wir an der Schlittenkufe die senkrechte Verlaufsfläche innen im hintersten Anteil hinzu, da die Kondyle zur Erleichterung der Beugung dorsal zu verkürzen ist (Abb.4).


Eine eingehende längerfristige Nachuntersuchung erfolgte gemeinsam mit Gerstmann, nur blieb eine Veröffentlichung bisher noch aus. Wir glauben damit aber doch etliche Hinweise für die Verwendung von unikondylären Prothesen geben zu können, auch für laterale und bikondyläre.

Operationstechnik

Zugang

Die Eröffnung des Knieglenkes erfolgte von einem parapatellaren Schnitt medial oder lateral durch Haut, Kapsel, die sehnigen Ansatzbereiche des M. vastus medialis oder lateralis und etwa 3-4 cm nach kranial in den Randbereich der M. rectus femoris-Sehne. Den M. vastus med. schonen wir mehr, wenn wir ihn nicht von seiner Unterlage ablösen und mit der Patellaverlagerung überdehnen. Bei bikon-dylärer Versorgung sägten wir die Tuberositas tibiae in einer Länge von 5-6 cm und 2.5 cm Breite so ab, dass ihre grösste Dicke 6-8 mm aufweist. Nach Vorfixation mit Kirschnerdrähten erfolgt später die Refixation mit Blauthschen Spongiosaschrauben (flache Köpfe). Der Anpressdruck darf nicht zu hoch sein, um Drucknekrosen aufgrund von Durchblutungsstörungen zu vermeiden. Der Hoffasche Fettkörper wird etwas am Knochen abgelöst, soll aber nicht reseziert werden, da er viele propiozeptive Endigungen enthält.

Vorbereitung der Femurkondylen

Der Unterschenkel wird in 90° Beugestellung des Kniegelenks aufgesetzt und der Fuß mit einem verpacktem Sandsack fixiert. Nach Entfernung des Meniskus wird mit einem flachen Lexermeissel an der Dorsalseite der Kondylen genau in Schaftrichtung das oberflächliche Stück in Höhe von 10-12 mm entnommen, bei großen Kniegelenken auch etwas mehr. Wird die Abtragung nicht ausgiebig genug vorgenommen, erhöht sich die Bänderspannung in Beugestellung. Die Beugung wird dann erschwert und schmerzhaft. Eine Passform und Bohrlehre wird dann angehalten, um zu prüfen, ob etwas von der Oberfläche ausser dem Knorpel an Knochen abgetragen werden muss. Der Aufsitz soll auf der subchondralen Knochenkortikalis erfolgen. Die Spitze der Schlittenkufe ist möglichst auf die Höhe der Knorpelschicht zu versenken, wenn vorhanden. Die Kufe ist in sagittaler Richtung und die Auflagefläche im Winkel von 90° zur Tibiaachse aufzusetzen. Ein Bohrloch von 7 mm und 40 mm Tiefe wird für den Stiel der Prothese eingebracht. Dann wird mit der oszillierenden Säge ein schmaler Spalt noch für die kurze sagittale Verankerungsmembran des Stieles geschaffen. Damit genügt ein einzelner Verankerungsstiel.

Vorbereitung des Tibiaplateaus

Die Tibiakopfoberfläche medial oder lateral soll rechtwinkelig zur Tibiaachse (Abb. 5) zugesägt werden, ferner 5° nach dorsal abfallend. Damit wird die Beugung erleichtert. Dazu verwendeten wir eine Bohrlehre, die der Tibiavorderkante aufsaß und oben eine quer verlaufende Platte aufwies, dorsal 5° abfallend, mit mehreren Öffnungen für 2 mm Kirschner-Drähte. Zwei davon wurden im Abstand von 1,5 bis 2 cm gerade eben unter den tiefsten Punkt oder noch eben vorscheinend in der Oberfläche eingebracht. Die Säge blieb dann von diesen geführt. Damit wurde die subchondrale Knochenplatte im Wesentlichen erhalten.

Das knöcherne Tibiaplateau soll von dem den Rand des halbmondförmigen Polyethylenplateaus überdeckt, aber nicht überragt werden. Es wurden 3 Größen eingeführt mit einer Länge von 45, 49 und 53 mm. Die Schlittenkufen für die Femurkondylen lagen in zwei Längen vor, die sich nur in der Länge der ventralen Spitze unterschieden.


Probeprothesen und Prüfung des Bewegungsablaufes

Ziel der Operation ist im allgemeinen der Ausgleich der Varus- oder Valgusstellung eines Beines in die physiologische 6° Valgusstellung und der mittige Verlauf der Traglinie durch das Kniegelenk. Wenn die Schlittenkufe provisorisch eingesetzt war, prüften wir mit Probeplateaus im Abstand von 1 mm wie weit sich die Achse in Streckstellung gegen die Spannung der Seitenbänder ausgleichen ließ. Bei dem natürlichen Bewegungsablauf sind sie in jeder Stellung etwa gleichmässig gespannt. Ist die Streckung behindert oder die Seitenbandspannung zu straff, so muß das Plateau etwas niedriger gewählt werden. Wenn das Tibiaplateau bei Arthrose ventral stark ansteigt, ist die Streckung oft eingeschränkt. Dann ist diese ventrale Erhöhung abzutragen. Tritt in Streckstellung eine vermehrte Schlussrotation des Kniegelenkes auf mit Aussenrotation der Tibia, ist das laterale künstliche Tibiaplateau etwas zur vorderen Eminentia intercondylica hin zu rotieren.

Wenn sich die Achse nicht voll ausgleichen ließ, haben wir kleine Abweichungen von wenigen Grad in Kauf genommen oder es wurde eine bikondyläre Versorgung durchgeführt, bei der dann an der lateralen Kondyle bei Varusfehlstellung etwas abgetragen wurde (Abb. 6, 7, 8). Seitenbandversetzungen wurden hierbei nicht durchgeführt. Mit Polyaethylenplateaus von ein Millimeter zunehmender Dicke läßt sich ein weitgehender Achsenausgleich erreichen ohne zu starke Dehnung der Seitenbänder. Das ist unbedingt zu vermeiden.

Das Einzementieren

Wenn Sitz und Höhe der Prothesenteile festliegen, wurde für den Verankerungs- und Verstärkungsriegel des Plateaus nach Markieren mit einem eckigen Hohlmeissel eine 4 mm schmale Rinne ausgehoben. Der Riegel lag anfangs in der Mitte des Plateaus, dann am Rand der Eminentia intercondylaris, wo wir beim Planieren ohnehin die Spongiosa eröffnen. Da sich dann aber eher Saumbildungen unter dem Kunststoffplateau zeigten, wurde er später wieder in die Mitte versetzt, wo auch die stärkste Belastung stattfindet (Abb. 2). Zusätzlich wurden einige Haftlöcher von 2-2,5 mm für den Zement in den Tibiakopf und den Kondylenaufsitz gebohrt. Das Einzementieren der Anteile sollte getrennt erfolgen. Das Tibiaplateau wird mit einem speziellen breiten Spatel fest angedrückt, bis es fest ist. Das erscheint bei dünneren Plateaus wichtig.

Zusatzmassnahmen

Nach Ausgleich von O- und X-Beinen , wird das vorher gedehnte Seitenband noch lockerer. Lateral fällt das nicht so ins Gewicht ( Abb. 9, 10). Ein medial stärker gelockertes Band nach X- Bein -Ausgleich muss dagegen durch Versetzung seines knöchernen Bandansatzes am Femur wieder gespannt werden. Wir stanzten ihn in wenigen Extremfällen aus und fixierten ihn mit Klammern, stellten allerdings mit Gips auch anfangs ruhig. Knochenwülste am Gelenkrand, an denen die Seitenbänder sich scheuern könnten, müssen abgetragen werden, ebenso Wülste, die in die Fossa intercondylaris vorragen und das vordere Kreuzband zerreiben.

Schließlich ist auch der Lauf der Patella zu prüfen. Bei verringerter Antetorsion des Femurs und Anteversion der Pfanne, die zu vermehrter Außenrotation des Beines, eingeschränkter Innenrotation der Hüfte und zum Inpingement Syndrom führen (Tönnis et al [26,27]), läuft die Patella meist zu weit lateral, ist verformt, und die Tuberositas tibiae, der Ansatz ihrer Sehne, liegt ebenfalls stark lateral (30, 31). Patellarückflächenersatz benutzten wir nur wenige Male.

 

Wir sägten die Patella wieder V-förmig zu und beseitigten überhängende laterale Ränder (Abb. 6). Bei deutlicher Lateralisierung versetzten wir die Tuberositas tibiae medial. Dabei kann man sie auch, bei erhöhtem Anpressdruck der Patella, 0,5 bis 1,5 cm proximal versetzen. Damit konnten wir Patellaimplantate, die meistens doch reizen oder schmerzen, völlig vermeiden.


Krankengut

Untersucht wurden die zwischen 1974 und 1985 operierten Patienten. Das Krankengut umfasste 424 mit Schlittenprothesen versorgte Gelenke. 280 Patienten konnten persönlich nachuntersucht werden, 79 nach Akten. 65 waren nicht mehr erfassbar. Damit konnten 359 (84,7%) bis zu einer Beobachtungszeit von 1-11 Jahren ausgewertet werden, 19 Marmor-Prothesen davon nach 10-11 Jahren. 227 Prothesen wurden medial implantiert, 32 lateral, 100 bikondylär. Es handelte sich dabei um 309 Patienten. 39 Prothesen entfielen auf das zuerst verwandte Modular knee von Marmor (20-22), 315 auf die Schlittenprothese nach Tönnis (28). Bei 5 Gelenken war der Femuranteil von Marmor mit dem Tibiaimplantat von Tönnis kombiniert worden.

Das Alter bei Operation lag zwischen 36 und 89 Jahren, im Mittelwert bei 69 Jahren. Die Arthrosegrade unseres Krankengutes nach Ahlbäck (1), die den Abrieb am Gelenkspalt erfassen, gehen aus Tab. 1 hervor.

(Tab. 1) Arthrosegrade im Krankengut
Kennzeichen Zahl der Gelenke (%)
1 enger Gelenkspalt 67 18,7
2 aufgehobener Gelenkspalt 57 15,9
3 leichte Höhenminderung des Knochens 31 8,6
4 mittelgradiger Abrieb 111 31,0
5 starker Abrieb mit Subluxation 91 25,3
ohne Angabe 2 0,6

Ergebnisse

Schmerz

37,9% der Gelenke wiesen bei der Nachuntersuchung keinerlei Schmerzen mehr auf, 37,6% leichte, gelegentliche, 13,1% mittelgradige, vorwiegend Anlaufschmerzen, 11.4% starke. Lokalisiert waren die Schmerzen in 27,8% am medialen Gelenkspalt, in 13,3% am lateralen, in 21,2% an der Patella und ihren Sehnenansätzen.

Gehfähigkeit

Die Gehfähigkeit war wesentlich gebessert, bei 46,6% unbegrenzt, bei dem Rest in unterschiedlichem Maße eingeschränkt, aber meist durch andere Gelenke.

Beweglichkeit

Die Beweglichkeit hatte sich bis zur Nachuntersuchung in der Streckbehinderung von 7,6° auf 2,6° gebessert, die Beugung von 100,6° auf 107,4° im Mittelwert.

Kreuz- und Seitenbandfestigkeit.

Die Seitenbandfestigkeit, geprüft durch graduiertes Aufklappen des Gelenkspaltes unmittelbar nach der Operation, war durch den Achsenausgleich deutlich erhöht und ging nur in der Stufe “nicht aufklappbar” im Laufe der Zeit etwas zurück, blieb bei stärkerer präoperativer Aufklappbarkeit aber deutlich gebessert. Seitenbandlockerungen als Folge der Operation wurden im Gegensatz zu manchen anderen Untersuchern nicht beobachtet. Vor der Operation wiesen 7% der Kniegelenke ein vorderes Schubladenzeichen unterschiedlicher Grade auf, nach der Operation nur noch 2,4% im leichtesten Grad von 0,5 cm.

Achsenkorrektur

Vor der Op. wurden häufig lange Achsenaufnahmen im Stehen gemacht, bei der Nachuntersuchung nur lange Kniegelenksaufnahmen von 60 cm. Die Abb. 7 bis 12 zeigen die Ergebnisse.




Valgustellungen wurden fast immer auf normale Werte ausgeglichen. Der Korrektur des Genu varum (Abb. 14, 15) setzt sich manchmal ein sehr straffes Innenband entgegen. Am Anfang hatten wir die Tibiaplateaus auch noch nicht alle in 1 mm Stufen. So ergab sich zwar eine Beseitigung stärkerer Varusstellungen bis zu 27°, die Stufe 5° Varus- Winkel, vom Normwert 0 = 6° Valgus gerechnet, sonst als 1° Valgus bezeichnet, war aber noch deutlich besetzt. Daher gingen wir immer öfter zur bikondylären Versorgung über, die eine stärkere Korrekturmöglichkeit von Varusstellungen besitzt (Abb.16, 17). Subluxationsstellungen ließen sich ebenfalls weitgehend bessern (Abb. 13 - 16).


Subjektives Ergebnis

67,8% der Patienten stuften das Operationsergebnis mit “sehr gut” ein, 16,5% äusserten sich mit “bedingt zufrieden”, 7,7% mit “mäßiges, nicht ganz zufrieden stellendes Ergebnis” und 8,0% mit “schlecht”. Trotzdem hielten 92,6% die Entscheidung zur Operation für richtig.

Überlebenskurven

Schmerzen nach Prothesenimplantation können verschiedene Ursachen haben. Überlastungen des medialen Schienbeinkopfes durch ungenügende Achsenkorrektur oder völlige Resektion der "subchondral bone plate" und von "trabecular bone" Schichten führen zu einer Aufhellungslinie um das Tibiakunst-stoffplateau. Wenn 2 mm Saum erreicht werden und sich um die ganze Unterseite des Plateaus einschließlich Verankerungsriegel ziehen und Belastungsschmerzen auftreten, sprechen wir von Prothesenlockerung. Der Erfolg einer Prothese lässt sich an Überlebenskurven nach Kaplan u. Meier (11) ablesen.

Aus der Kurve sämtlicher Gelenke scheidet hier ein Gelenk entweder bei Wechseloperationen des Tibiaplateaus aus (Abb.18 ) oder dann, wenn sich ein neues Tibiaplateau nicht mehr mit Aussicht auf Erfolg einsetzen ließ und auf Totalprothesen oder Arthrodesen übergegangen werden musste (Abb.19).


Bei Nachoperationen mit Neueinzementierung von Tibiaplateaus sank die Überlebenskurve bis zum 11. Jahr postop. auf etwas unter 90% ab. Bei Übergang zu Totalprothesen oder Arthrodesen blieb sie noch über 90%. Das darf wohl als ein gutes Ergebnis gewertet werden. Bemerkenswert ist, dass die Wechseloperationen fast ausschließlich in den ersten 3-4 Jahren durchgeführt werden mussten. Bei Patienten mit Rheumatismus und aggressiver Synovitis wurden 31.3% der Implantate, auch die Schlitten, sonst nie, umwuchert und gelockert. Andere Wechseloperationen mussten anfangs wegen technischer Mängel schon frühzeitig erfolgen, vor allem bei den hier noch einbezogenen Marmorprothesen mit ungenügendem Tibiaplateau. Die Nachoperationsrate der Marmorpro-thesen betrug 14,6%, die der eigenen 6.3%. Bezieht man die nach unserer Definition (siehe oben) gelockerten, noch nicht ausgewechselten Prothesen noch ein, so kommen wir im 11. Jahr nach der Operation auf 82,1% noch ungelockerte Schlittenprothesen.

Abhängigkeit des Erfolges von verschiedenen Faktoren

Als Misserfolg sahen wir ein postoperatives Schmerzrezidiv an, eine stärkere Saumbildung ab 2 mm unter dem Tibiaplateau und eine Wechseloperaton. Diese 3 Kriterien wurden auf ihre Abhängigkeit von verschiedenen Faktoren untersucht.

Tibiaplateauhöhen

Die Marmor-Prothesen wiesen anfangs ausschliesslich 6 mm hohe Plateaus auf. Bei der Prothese nach Tönnis wurden für den problematischen medialen Gelenkspalt folgende Höhen eingesetzt: 4 bis 9 in 1mm Abstand, dann 11, 14 und 17.

Tab. 2 zeigt für den medialen Gelenkspalt, dass die Nachoperationsrate nur bei 4 mm und 11-17 mm deutlich erhöht ist, nicht ab 5mm Plateaus. In der 6 mm Gruppe liegen überwiegend Marmor-Prothesen-Plateaus, deren Lockerungsrate höher liegt. Sie sind daher nicht in die Statistik einbezogen. Bei den Plateaus von 14 und 17 mm lagen stärkere Knochendefekte vor. Hier konnte das Plateau nicht auf feste Kortikalis oder trabekulären Knochen aufgesetzt werden, sondern in Spongiosa. Darin sehen wir hier die Ursache für die erhöhte Saumbildung. Die Zahl war jedoch klein.

(Tab. 2) Nachoperation
Plateaudicke (mm) 4 5 6 7 8-9 10-14
Nachoperationen erforderlich (%) 24.1 11.6 - 16.1 12.3 28.0
n = 72 86 (39) 62 57 25

In Tab. 2 liegt die Nachoperationsrate bei Plateauhöhe 4 mm bei 24,1%, während sie sich bei 5, 7 und 8-9 mm nur bei 12-16% bewegt, bei 11-17 mm aber auf 28,1% ansteigt. Die 6 mm Gruppe weist wegen der höheren Lockerungsrate der 6 mm Marmor- Plateaus insgesamt eine höhere Lockerungsrate von 28.2% auf und wird hier statistisch nicht einbezogen.

Vergleicht man die dünnen 4 mm Plateaus mit der zusammengefassten Gruppe von 5, 7 und 8-9 mm Plateaus, so zeigt sich im Chi-Quadrattest Signifikanz. Stellt man die dicksten Plateaus von 11-17 mm gegenüber, so ergibt sich im Chi-Quadrattest zwar ebenfalls ein p- Wert unter 0,05%, doch ist die Zahl dieser Plateaus eigentlich zu niedrig. Deshalb ermittelten wir auch die Konfidenzintervalle. Die Kurven von 4 mm und 11-17 mm Plateaus haben zwar verschiedene Gipfel von den Gruppen 5, 7 und 8-9, doch überlagert sich ihre Basis in einer etwas zu hohen Breite.

Bemerkenswert ist aber, dass sich die Verteilungsgrenzen von 5 und 7 mm Plateaus nicht von denen der Dicke 8 und 9 mm unterscheiden, wo heute oft gefordert wird, nicht unter eine Dicke von 8-9 mm zu gehen. Das Konfidenzniveau (= limit) betrug 0.95. Dass bei Plateauhöhen von 11-17 mm die höchste Lockerungsrate von 28% auftritt, spricht für unsere Annahme, dass die Kunststoffplateaus nicht auf Spongiosa zementiert werden sollten. Doch sind hierzu Untersuchungen an einer grösseren Zahl solcher Fälle erforderlich.

Ausmass der Achsenkorrektur

In Tab. 3 wird geprüft, welche Auswirkungen ungenügende Korrekturen der Varusstellung haben in Bezug auf den Normalwert von 6° Valgusstellung. Signifikant ist der Anstieg in der Lockerungs- und Nachoperationsrate. Er setzt allerdings erst bei 7° und mehr Abweichung vom Normalwert ein, verdoppelt sich dann aber auf 34% (Chi-Quadrat-Test=0.033). Zwischen den Gruppen 1 und 2 einerseits und der Gruppe 3 andererseits mit mehr als 7° Varus besteht auch nur eine Überlappung von rund 5% und das Konfidenzniveau (limit) beträgt 0.95, so dass ab 7° Varusabweichung (von der Normalstellung von 6° Valgus) von einer erhöhten Lockerungs- und Reoperationsrate ausgegangen werden kann. Eine umgekehrte Prüfung ist noch interessant.

(Tab. 3) Notwendige Nachoperationen von Schlittenprothesen (%) bei verschiedenen Graden der postoperativen Varusstellung (6° Valgusstellung = Norm)
Varusstellung im Röntgenbild 0-3° % 4-6° % 7° und mehr %
Keine Nachoperation 78 83,0 85 82,5 33 66,0
Nachoperation erforderlich 16 17,0 18 17,5 17 34,0

Wurde die Varusfehlstellung um mehr als 10° korrigiert, so bestand kein mittelgradiger oder starker Schmerz mehr und es fanden nur in 4,6% Nachoperationen statt. Das Zahlenmaterial war allerdings zu klein für statistische Signifikanz. Für die Valgusstellung fand sich die gleiche Abhängigkeit . Das Zahlenmaterial war aber zu klein.

Die Erfolgsrate von medialen, lateralen und bikondylären Prothesen

Tab. 4 lässt erkennen, dass die bikondyläre Versorgung mit 42,9% etwas häufiger zur völligen Schmerzbefreiung führt, als die unikondyläre. Sie weist aber auch 7% mehr starken Schmerz auf. Im Ganzen kann man sagen, dass postoperativ in 84-90% die Patienten nur geringen oder keinen Schmerz verspüren. Das dürfte für das Krankengut der Frühzeit ein gutes Ergebnis sein.

(Tab. 4) Prozentsatz des Schmerzes bei medialen, lateralen und bikondylären Schlittenprothesen
Schmertgrade (n=351) medial % lateral % bikondylär %
n= 221   32   98  
1 Schmerzfrei 79 35,8 12 37,5 42 42,9
2 Anlaufschmerz 88 39,8 11 34,4 33 33,7
3 Schmerz (mittel) 33 14,9 6 18,7 7 7,1
4 Schmerz (stark) 21 9,5 3 9,4 16 16,3
ohne Angabe 6       2  

In der Nachoperationsrate (Tab. 5) haben die lateralen Schlitten die geringste Zahl mit 9,4%. Die bikondylären Schlitten unterschreiten mit 20,4% noch leicht die nur medialen um 2%. Das ist im Hinblick auf die allgemeine Zurückhaltung gegenüber lateralen und bikondylären Versorgungen mit Schlittenprothesen bemerkenswert. Nachträgliche Operationen des gegenseitigen Gelenkspaltes, wie sie von manchen Untersuchern häufiger berichtet wurden, mußten wir unter 259 unicom-partmental arthroplasties medial nur 2 mal und lateral nur 3 mal vornehmen. 100 Gelenke waren allerdings schon primär bicompartmental versorgt worden.

(Tab. 5) Prozentsätze der Notwendigkeit von Nachoperationen bei medialen, lateralen und bikondylären Schlittenprothesen
Implationsart medial % lateral % bikondylär %
n = 223   32   98  
keine Nachoperation 173 77,6 29 90,6 78 79,6
Nachoperation erforderlich 50 22,4 3 9,4 20 20,4
keine Angaben 4       2  

Weitere Ergebnisse

Bei der Operation wurde aufgezeichnet, ob das vordere Kreuzband mässig oder stark zerfasert war oder ganz fehlte. Das Fehlen des vorderen Kreuzbandes wirkte sich nicht negativ aus. Offensichtlich genügt die Seitenbandstabilisierung beim älteren Menschen. Fehlerhafte Stellungen des Tibiaplateaus und der Schlittenkufe bis zu 10° Abweichung hatten keine Folgen, auch Übergewicht nicht, soweit hier vorhanden. Bei postoperativer Seitenband-instabilität betrug die Nachoperationsrate 18.6%. Bei Aufklappbarkeit des medialen Gelenkspalts von 6-10° stieg sie auf 28.6°. Schlitten mit ventral längerer Kufe lockerten sich um 7,1% häufiger als solche mit kürzerer Kufe bei dem Modell nach Tönnis und um 8,5% mehr bei der Marmor-Prothese. Bei chronischer Polyarthritis und anderen Formen aggressiver Synovitis betrug die Nachoperationsrate 31,3% gegenüber 16,5% bei idiopathischer Gonarthrose. Die 2 mm - Saumbildung war bei der ersten Gruppe auf 23,3% erhöht, bei der zweiten nur auf 4,6%.

Folgerungen aus den Untersuchungen

Anfänglich wurde der Verankerungs- und Verstärkungsriegel unter dem Tibiaplateau in die Mitte der Fläche und damit in das Zentrum der Belastung gesetzt. Fünf dieser Kniegelenke konnten wir nachuntersuchen. Sie wiesen keine Lockerung und auch keine Saumbildung unter dem Plateau auf, während die Plateaus mit randständigem Riegel (Abb. 2) eher ein Federn der freien Fläche zuliessen und häufiger 1 mm Säume zeigten. Daraufhin gingen wir auf den mittigen Riegel zurück (Abb. 4). Er hat sich in den folgenden Jahren sehr bewährt .

Die Lieferung der Tibiaplateaus in 1 mm zunehmenden Höhenstufen ist für einen maximalen Achsenausgleich ohne Überdehnung des Seitenbandes ebenfalls eine wichtige Voraussetzung. Prothesen mit kurzer ventraler Schlittenkufe sollten bevorzugt werden.

Vergleich mit der Literatur

Vergleich mit späterer Untersuchung der eigenen Klinik

In unserer Klinik führten Buckup et al. (4) später noch eine längerfristige Nachuntersuchung durch, zuerst der medialen Schlittenprothesen nach Tönnis. Von den 1984 implantierten 90 medialen Prothesen konnten 47 (74,6%) nachuntersucht werden. 27 Patienten waren verstorben, 2 nicht auffindbar, 14 kamen nicht zur Nachuntersuchung.

Das Op-Alter betrug im Mittelwert 66,4 Jahre, das Nachuntersuchungsalter 78,0 Jahre. Die Beobach-tungszeit lag zwischen 10,8 und 12,7 Jahren, im Durchschnitt bei 11,5 Jahren. Die Revisionsrate betrug 14,9%. Dabei musste nur in einem Fall auf eine Totalprothese übergegangen werden. Die Überlebensrate einschließlich noch nicht operierter Lockerungen der medialen Tibiaimplantate betrug danach 82.1 % nach 11,5 Jahren. In dieses Krankengut waren keine Marmor-Prothesen und keine Patienten mit Rheumatismus eingeschlossen.

Später konnten von 25 Patienten mit nur lateraler Prothese 22 (88,5%) nach 12 Jahren ausgewertet werden (5). Die Tibiaplateauhöhen betrugen 6 mm (n=8), 7 mm (n=5), 8 mm (n=5) und 11 mm (n=4). Eine Nachoperation fand nicht statt. Auch Saumbildung von 2 mm war nicht vorhanden. 10 Patienten waren sehr zufrieden, 3 zufrieden, einer weniger und einer nicht. Der Harris hip score für sehr gut wurde 7 mal erreicht, 5 mal für gut, einmal für fair.

Vergleich mit ähnlicher Technik einer anderen Klinik

Das gleiche Prinzip der Erhaltung der subchondralen Knochenplatte unter Verwendung dünnerer Polyethylen Plateaus and Schlittenprothesen wurde von Kißlinger et al. (13) angewandt. Sie benutzten anfangs auch das St. Georg und das Endo 2 Modell, dann das Modell von Tönnis. Wessinghage modifizierte es noch etwas weiter (34,35). Bei 229 Patienten konnten 261 unicompartmental knee arthroplasties (98.5%) erfasst werden. Nach 10 Jahren betrug die Überlebens-wahrscheinlichkeit für mechanisches Versagen 84.9%, nach 20 Jahren 74.4%. Die Rate nach 10 Jahren deckt sich nahezu mit den Ergebnissen unserer Klinik. Dabei wurden hier in ähnlicher Weise Tibiaplateaus einer Dicke von 6 mm bei 47.1% (n=123) der Gelenke verwandt, Plateaus von 7 mm in 25.6% (n= 67), und dicker als 7 mm in 20.3% (n=63). Bei 8 Gelenken fehlten Angaben (3.1%).

Vergleich mit der übrigen Literatur

Vergleiche mit der Literatur sind schwierig. Die erste Prothesengeneration weist oft Mängel auf, die mit der zweiten dann verringert werden (2, 3, 6, 10, 12, 17, 18, 19, 26). So war das erste Tibiaimplantat der St. Georg-Prothese zu würfelartig und musste zu tief in die Spongiosa versenkt werden (9). Zu starker Abrieb von Polyaethylen trat an der PCA-Prothese auf (3,16, 19), ähnlich auch bei der Microloc, Fibermesh (2, 25) und anfangs auch an der R. Brigham Prothese (23).

Zur Ergebnisbewertung zogen wir vor allem Überlebenskurven heran, die auf der Angabe von Wechseloperationen beruhten. Zum Teil wurden auch nur die Prozentsätze von Revisionen oder Versagen aus verschiedenen Gründen innerhalb einer bestimmten Zeit genannt. Für eine realistische Bewertung müssen eigentlich sowohl die Zahl der Wechseloperationen wie die noch nicht oder aus Altersgrün- den nicht mehr versorgten Lockerungen oder technischen Fehler hinzugenommen werden. Eine Lockerung wurde von uns diagnostiziert, wenn sich ein Entkalkungs saum von mindestens 2 mm Breite über die gesamte Unterfläche der Prothese und ihren Verankerungsriegel hinzog und Belastungsschmerzen örtlich vorhanden waren. Dabei ermittelten wir in dem Krankengut mit 39 Prothesen nach Marmor, 315 nach Tönnis und 5 kombinierten Anteilen insgesamt 82,1% noch nicht gelockerte Prothesen. Die Überlebenskurven für Wechsel zur Totalprothese oder Versteifung endeten bei etwas über 90% und für Wechsel mit Neueinzementieren des Plateaus bei etwas unter 90%. So lässt sich sagen, dass bei rund 90% die Schlittenprothese als Versorgung erhalten blieb, auch wenn das Tibiaplateau einmal gewechselt werden musste. Für lediglich mediale Schlitten des Jahrgangs 1984 (4) betrug die Überlebensrate nach 10 Jahren hinsichtlich Wechseloperationen 87%. Dabei musste nur einmal auf eine Totalprothese übergegangen werden. Bei lediglich lateralen Schlitten ergaben sich auch nach 12 Jahren keine Lockerungen (5).

Unser Krankengut wies zahlreiche schwere Achsdeformitäten auf und 100 Kniegelenke mit bikondylären Schlittenprothesen und ist sehr wahrscheinlich schwerer pathologisch als das anderer Autoren, die nur unilaterale oder nur mediale Arthrosen mit ähnlichen Prothesen versorgen. Tab.1 (Krankengut) gibt auch die Grade der Arthrose bezüglich des Abriebs der Gelenkflächen für einen Vergleich an. Wenn die Überlebensraten der St. Georg Prothese anfangs niedriger lagen, auch im Vergleich mit der Totalprothese St. Georg (24), so kann das nur an der Entfernung der subchondralen Knochenplatte und der zu starken Eröffnung des trabekulären Zone desTibiakopfes und den sehr hohen Kunststoffblöcken gelegen haben. Heute weist das neuere Endomodell auch eine Überlebensrate von 83% auf (15). Belastend für die Überlebensrate unseres Krankengutes waren die 39 anfänglichen Marmor-Prothesen mit 14,6% Nachoperationen gegenüber 6,3% bei dem eigenen Prothesentyp. Auch 35 Gelenke mit rheumatischer Arthritis oder unspezifischer, aggressiver Synovitis wiesen eine erhöhte Wechselrate von 31,3% auf gegenüber der idiopathischen Arthrose, bei der es nur in 16,5% zur Nachoperation kam. Auch der 2 mm-Saum als Zeichen der Lockerung, trat bei den Rheumatikern in 23,3% auf, bei den idiopathischen Gonarthrosen nur in 4,6%.

Wenn wir die einzelnen Prothesen in Tab. 5 nun vergleichen, so liegen sie nach etwa 10 Jahren meist zwischen 77,6% und etwas über 90,6% Überlebensraten. Oft werden nur die Wechseloperationen in den Statistiken erwähnt. Die Zahl der gelockerten Prothesen, die noch nicht nachoperiert wurden, muß hinzugerechnet werden. Buckup et al. ( 4 ) fanden Überlebensraten von 87% bei medialen Schlitten unseres Typs nach 10 Jahren. 82,1% stellten wir in dieser Untersuchung für media-le, laterale und bikondyläre Implantate fest, ermittelt nach Auswechselungen und auch einschließlich noch nicht operierten Lockerungen. Für die Marmorprothesen gab der Autor selbst zu Anfang eine Revisionrate an von 35%, Heck et al.(8) später eine Überlebensrate von 91,4% nach 10 Jahren, und 81,6% nach 12 Jahren, Cartier (6) hatte 11,7% Lockerungen bis zum 10.Jahr. Klemme et al. (14) geben 15% nach 7,4 Jahren an. Diese Zahlen entsprechen etwa unseren Werten, beziehen sich aber meist , wie schon erwähnt, nur auf nachoperierte Gelenke und nicht die Gesamtzahl der Lockerungen oder Versager. Die Ablehnung von Schlittenprothesen oder die Einengung ihrer Indikation auf die Versorgung nur der medialen Gonarthrose und nur mässiger Arthrosegrade, können wir nach unseren Erfahrungen nicht bestätigen. Wir haben im Laufe der Zeit sogar immer schwerere Arthrosen mit unicompartmental replacements und bicondylär unter Ablösung der tuberositas tibiae versorgt (Abb. 19 - 23).



Zu dem Abrieb unserer Prothesen ist zusagen, daß anfangs trotz der geringen Krümmung der Lauffläche der Schlittenkufe auf dem Kunststoffplateau natürlich nur ein punktueller Kontakt vorhanden ist. Mit etwas Abschliff vergrößert sich die Auflage-fläche dann aber. Von Vorteil gegenüber Verformungen ist sicherlich der Verstärkungs- und Verankerungsriegel unter dem Kunststoffplateau in seiner Mitte. Es handelte sich hier natürlich um ältere Menschen. Bei Jüngeren wird mehr an den Verschleiß zu denken sein. Aber diese Implantationstechnik läßt eben auch das Auswechseln des Plateaus noch zu, da nur wenig subchondraler Knochen reseziert wird.

 

Vorteile der Prothese und Technik

  1. Weitestgehender Erhalt des Kniegelenkes mit allen Bändern und propriozeptiven Endigungen in den Bändern und dem Hoffa’schen Fettkörper. Daher darf sie als "maximal erhaltend" bezeichnet werden.
  2. Erhalt der gewichtstragenden Knochenoberfläche der Femurkondylen und des Tibiakopfes durch dünnere Prothesenanteile. Dadurch geringere Lockerungsgefahr. Brüche des Metallschlittens wurden nicht beobachtet, Verformungen des tibialen Polyethylenplateaus wurden im Regelfall nur bei den frühen Plateaus von Marmor ohne Verstärkungs- und Verankerungsriegel gesehen.
  3. Bei Lockerung ist meistens ein Auswechseln und Neueinzementieren ohne Übergang auf Totalprothesen möglich.
  4. Bikondyläre Versorgungen mit Tuberositasablösung bei stärkeren Arthrosen und Achsenfehlern sind möglich und gut im Ergebnis. Nachträgliche Versorgungen des anderen Gelenkspaltes mußten dadurch nur bei 5 Gelenken vorgenommen werden.
  5. Keine Patellaimplantate bei Arthrose erforderlich. V-förmiges Zusägen einer lateralisierten Patella sowie Medialisierung des Patellasehnenansatzes am Schienbein führen zu weitgehender Besserung der Beschwerden. Mit Schlittenprothesen vermeiden wir auch Metallaufflächen für die Kniescheibe, die sicher nicht immer kongruent sind.
  6. Abgestuftes, weitgehendes Aufdehnen der Seitenbänder zum Achsenausgleich ist möglich durch 1 mm zunehmende Höhen der Tibiaplateaus. Überdehnung ist zu vermeiden.
  7. Nachresektion der Kondylenrückseite ist vorzunehmen, wenn der muskuläre Streckapparat noch zu stark gespannt ist. Dadurch Vermeidung von Tendinosen der Patella und Einschränkung der Beugung.

Zusätzliche Rückschlüsse

Die Verwendung unserer ursprünglichen Technik mit weitgehendem Erhalt der Tibiakopftragfläche und ihrem Unterbau ist in den USA heute nicht mehr möglich, da dort als Regel gilt, Plateaus nicht unter einer Dicke von 9 mm zu verwenden. Der Hersteller unserer Prothese hat daher die Produktion der niedrigeren Plateaus eingestellt. Die Veröffentlichung dieser Ergebnisse schien uns trotzdem wertvoll. Eine Verwendung von Tibiaplateaus bei uns ab 5 mm und bei Wessinghage (34,35) ab 6 mm zeigte keine erhöhte Lockerungsrate und dürfte daher bei erhaltener Tibiaoberfläche doch die gewünschten Ergebnisse bringen.

 

Literatur

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  2. Bartel DL, Bicknell V, Ithaka MS, Wright TM (1986) The effect of conformity and plastic thickness on contact stresses in metal-backed plastic implants. J. Bone Joint Surg 68 A:1041-1051
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  4. Buckup K, Runge J, Katthagen BD (2001) The long-term results of unicompartmental knee arthroplasty. ISAKOS–Congress, Montreux, Schweiz, May 2001
  5. Buckup K (2005) Die unicondyläre Schlittenprothese. Pro & Contra. Steinkopff, Darmstadt, pp 78-87
  6. Engelbrecht E (1971) Die Schlittenprothese, eine Teilprothese bei Zerstörungen im Kniegelenk Chirurg 42:510-514
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